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Eid Mar Jan Zadran ist 22 Jahre alt und stammt aus einem kleinen Dorf im Süden von Afghanistan. Seit anderthalb Jahren lebt er jetzt in Deutschland und der Unterschied im alltäglichen Leben könnte kaum größer sein: Das erste Mal mit dem Zug fuhr er auf der Flucht, die Straßen in seinem Dorf waren nicht befestigt, Strom für die Handys gab es über Solarzellen, das Internet hat er erst in Deutschland kennengelernt, im Kino war er bis heute noch nicht.
Vieles erlebt er zum ersten Mal – so auch den Besuch in einem großen Fußballstadion. Mainz 05 hatte vor Kurzem über „Aktiv für Flüchtlinge in der Region Bad Kreuznach“ wieder 50 Geflüchtete mit ihren Unterstützer*innen zum Spiel Mainz 05 gegen Augsburg eingeladen.
Seine persönliche Geschichte schilderte Eid Mar Jan am 10. Mai im Dietrich-Bonhoeffer-Haus vor einem Publikum von 90 interessierten Besucher*innen. Das Thema der Veranstaltung: Afghanistan – vom Leben und der Flucht. Die Ehrenamts-Koordinierungsstelle des Pfarramts für Ausländerarbeit „Aktiv für Flüchtlinge Bad Kreuznach” hatte zum vierten Mal im Rahmen der 6-teiligen Reihe “Fluchtursachen kompakt” eingeladen. Nach einer poetischen Eröffnung des Abends durch den afghanischen Journalisten Murtaza Safie, stellte der Bamberger Historiker Dr. Andreas Wilde zunächst die geschichtliche Entwicklung Afghanistans dar. Zur aktuellen Lage dort hatte er wenig Hoffnungsvolles zu berichten. Jeden Tag werden ca. 1.500 Afghanen aus ihren Heimatorten vertrieben. In Afghanistan gibt es derzeit kein staatliches Gewaltmonopol, die Taliban treiben Steuern ein und sprechen auf Grundlage der Scharia Recht. Neben den Taliban sind auch zahlreiche Kriegsfürsten und ihre Milizen aktiv. Die zivile Bevölkerung, vor allem junge Männer, wird gezwungen, sich bewaffneten Gruppen anzuschließen, Dörfer werden ausgeraubt, Menschen werden willkürlich erschossen. Insgesamt ließ Dr. Wilde keinen Zweifel daran, dass Afghanistan alles andere als ein sicheres Herkunftsland ist.
Nach einem kleinen, von der afghanischen Familie Schinwari vorbereiteten, Imbiss, schloss sich wie immer in der Reihe „Fluchtursachen kompakt“ eine Gesprächsrunde mit Geflüchteten aus Afghanistan an:
Neben Eid Mar Jan Zadran stellten sich auch Khaksar Naemi und die studierte Journalistin Osra Behmanesh vor. Sie flüchtete vor vielen Jahren nach Deutschland. Ihre Ausbildung wurde damals nicht anerkannt und Sprachkurse, um Deutsch zu erlernen, gab es kaum. Heute unterstützt sie ehrenamtlich viele Neuankommende darin, sich in Deutschland zurecht zu finden. Eid Mar Jan und Khaksar leben erst seit ca. einem Jahr in Deutschland. Sie beeindruckten das Publikum durch ihr gutes Deutsch. Moderatorin Susanne Syren wies darauf hin, dass beiden bisher der Zugang zu einem Integrationskurs verwehrt wurde und sie ihre Deutschkenntnisse ausschließlich in kostenlosen, vom Ausländerpfarramt organisierten Sprachkursen sowie mithilfe ehrenamtlichen Engagements weiterer Menschen erworben haben.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der 6-teiligen Reihe „Fluchtursachen kompakt“ des Weiterbildungszentrums (WBZ) Ingelheim statt. Bereits die vorhergehenden Abende zu Syrien, Eritrea und Irak waren mit durchschnittlich 85 Interessierten sehr gut besucht. „ Wir haben uns sehr gefreut, dass das Thema Fluchtursachen weiterhin auf ein so großes öffentliches Interesse stößt. Die Menschen wollen verstehen, warum die Flüchtlinge gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen“ so Stefanie Bartlett von Aktiv für Flüchtlinge.
Der nächste Termin aus der Reihe „Fluchtursachen kompakt“ ist Somalia gewidmet und findet am Montag, dem 12. Juni, im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Bad Kreuznach statt. Referent ist Dr. Florian Pfeil vom Weiterbildungszentrum Ingelheim.
Auf dem Foto: Teilnehmer der Gesprächsrunde (von links nach rechts) Eid Mar Jan Zadran, Osra Behmansh, Khaksar Naemi, Dr. Andreas Wilde (Uni Bamberg)
Foto: Stefanie Bartlett
Wer sich ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagieren möchte, kann sich gerne melden bei:
Aktiv für Flüchtlinge Region Bad Kreuznach
Tel: 0671 / 4837799
ehrenamt@auslaenderpfarramt.de